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Wallfahrt fernab vom Rummel

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Trotzen Wind und Schnee: die Kasten- und Truhenwagen der 161. Leonhardifahrt in der Marktstraße Bad Tölz © Wegscheider

Bad Tölz – Eine gemütliche Wallfahrt, die in erster Linie für die Einheimischen war. Dabei hatte der Tag richtig ungemütlich begonnen, starkes Schneetreiben und Kälte ließen nicht gerade eine angenehme Leonhardifahrt erwarten.

Bis zum späten Vormittag zog es zudem ganz ungemütlich von Westen her über den Tölzer Kalvarienberg, erst bei der Rückfahrt in die Marktstraße konnten von den Wallfahrerinnen die Plastikhauben und Umhänge abgenommen und die Schirme zugeklappt werden. Zwar blieb der Schnee weiterhin auf den Dächern und Wiesen liegen, doch der Sonnenschein setzte sich immer mehr durch. Die Zuschauerzahlen waren hier weit geringer als im Vorjahr, wo spätherbstliches Wetter geherrscht hatte. Zudem wurde die eigentlich immer am 6. November angesetzte Wallfahrt heuer alter Tradition folgend auf den nächsten Werktag verlegt, der für viele wieder der erste Arbeitstag nach den Ferien war. Viel Arbeit hatten sich traditionell die Gespannfahrer aus nah und fern macht, die ihre Wagen und Tiere schön schmückten, die Bäuerinnen, Jungfrauen, die Kinder, die Schützen und die Trachten hatten ihr schönstes Gewand angelegt, um an der Wallfahrt zu Ehren des Viehpatrons St. Leonhard teilzunehmen. Im Gottesdienst erinnerte der Tölzer Pfarrer Peter Demmelmair daran, dass der französische Heilige ein Einsiedler gewesen war, der dort, wo er sich aufhielt, gewirkt hatte. Dieses Wirken sollte auch uns heutigen Vorbild sein, meinte der Geistliche, jeder sei aufgerufen, an der Stelle, an die ihn Gott gesetzt habe, das Seine zu tun. Viele würden meinen, woanders sei es besser oder andere hätten es besser. Stattdessen solle jeder Gläubige an Ort und Stelle seine individuelle Aufgabe zu erfüllen. „Die Welt ist ein großes Ersatzteillager“, sagte Demmelmair, „doch jeder Mensch ist individuell und nicht zu ersetzen“. Doch nicht nur die geistliche Stärkung stand im Mittelpunkt der Wallfahrt, die die Vierergespanne wie immer vom Badeteil über die Isarbrücke hinauf zum Kalvarienberg geführt hatte, viele suchten ob der ungemütlichen Witterung Freunde und Bekannte auf den Wagen auf, um sich bei einem Schnapserl aufzuwärmen. Die meisten mussten damit jedoch bis zum Nachmittag warten, ehe alle Wagen wieder wohlbehalten in der Innenstadt waren und an der Mühlfeldkirche einen weiteren Segen erhalten hatten. Kurz darauf begannen die Burschen mit dem traditionellen Goaßlschnalzen in der Marktstraße, ehe man sich dann auf den Heimweg machte oder noch in den Gaststätten weiter feierte. Der große Andrang blieb auch hier aus, was sicher mehr von den Wirten als von den Gästen bedauert wurde. Jedenfalls konnte man heuer so entspannt wie lange nicht mehr den Tölzer Nationalfeiertag ausklingen lassen. Karl Bock

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