Gerhard Polt beobachtete die von Dudelsack-Klängen begleitete musikalische Eröffnung seiner Kollegen zunächst stoisch von einem Stuhl aus. Danach philosophierte er über die Wesensart des Menschen. Wenn dieser in Form eines Nachbarn erscheine, werde er grenzwertig und zum „miserabligen Grattler“. So schlüpfte Polt in die Rolle eines unliebsamen Zeitgenossen, der während des Corona-Lockdowns mit einer Drohne den benachbarten Garten ausspionieren lässt und bei einem verbotenen Grillgelage exakt 280 Bratwürste zählt. Ohnehin missfalle ihm das vor allem von Politikern inflationär gebrauchte Wort „Wir“. „Ich bin nicht wir, wir sind die anderen“, stellte Polt klar.
Zwischendurch ließen sich die Well-Brüder vom Barock-Komponisten Georg Friedrich Händel inspirieren und überraschen mit einer rustikalen Bearbeitung seiner Feuerwerksmusik. Es folgte ein köstlicher Dialog zwischen Michael Well und dem aus Indien stammenden Pfarrer „Brabang“. Polt zeigte hier sein Sprachtalent, indem er den Akzent des Geistlichen auf humorvolle Art imitierte und die „Remissionierung Bayerns“ forderte. Religiös geprägt war auch die gemeinsam vorgetragene „Lesung aus dem Buche Bayern“. Ministerpräsident Markus Söder und Gesundheitsminister Karl Lauterbach erhielten dabei ebenso ihre Abreibung wie der grüne „Haubitzentoni“ Hofreiter.
Dem fortschreitenden Klimawandel widmeten die Well-Brüder das bitterböse Musikstück „Alpinisimo tropical“. Weil der Schnee in den Skigebieten ausfalle, werde der Tourismus dort nun wie am Ballermann auf Mallorca in „Los Wochos“ umgestaltet. Kurz darauf garnierten die Musiker die Stücke der Comedian Harmonists mit zeitkritisch-ironischen Texten. Dem „Wochenend und Sonnenschein im Altersheim“ folgte „Schwester Veronika, der Arzt ist da“. Lokalpolitische Themen wurden schließlich in einer Tirade von Gstanzln genüsslich persifliert.
Nach einer Abrechnung mit der sich verzögernden S-Bahn-Verlängerung nach Geretsried kam die Empfehlung, den Wolfratshauser Marienbrunnen doch einfach in die Loisach zu werfen. „Das könnt‘ a schöne Surfwelle geben“, glauben die Well-Brüder.
Am Ende des fast dreistündigen Auftritts entledigte sich Gerhard Polt seiner Jacke und intonierte wie ein Rockstar den afrikanischen Gassenhauer „E-Mam-Be-Le“. Die rund 700 Besucher in der ausverkauften Loisachhalle hatten sich zu diesem Zeitpunkt längst von ihren Stühlen erhoben und applaudierten zudem den famos aufspielenden Brüdern Christoph, Michael und Karl Well.