Was laut BJV für Wolf, Biber und Luchs selbstverständlich ist, gelte nicht für die größte heimische Säugetierart: das Rotwild. Während sich alle Wildtierarten in Bayern ihren Lebensraum selbst aussuchen können, gibt es für Rotwild sogenannte Rotwildgebiete. „Nur dort darf sich unsere größte heimische Schalenwildart legal aufhalten“, teilt der BJV in seiner Pressemitteilung mit.
Die Gesamtfläche der Rotwildgebiete nehme lediglich 14 Prozent Bayerns ein. Was im Umkehrschluss bedeutet, auf 86 Prozent der Landesfläche werde Rotwild nicht geduldet und muss „per Gesetz rigoros abgeschossen werden“. Außerdem seien die Rotwildgebiete nicht zusammenhängend.
Die Zerschneidung der Landschaft durch Verkehr, Siedlungen und Zäune ist nach Angaben des BJV deutschlandweit ein „großes Problem“ und erschwert den Genfluss zwischen Rotwildpopulationen. „Dabei ist bereits lange bekannt, dass voneinander isolierte Populationen genetisch verarmen.“ Finde nämlich kein Austausch statt, werde der Genpool immer kleiner und eine erhöhte Inzuchtrate sei die Folge, die Krankheiten mit sich bringen.
Wissenschaftler der Universität Göttingen untersuchten deutschlandweit die Genetik von 34 Rotwildvorkommen: Lediglich zwei Populationen erreichen eine ausreichende Größe von mehr als 500 Individuen, was im Artenschutz als Minimum gegen den langfristigen Verlust genetischer Vielfalt gilt.
In den meisten Rotwildvorkommen wurde eine hohe Inzuchtrate festgestellt. Weitere Untersuchungen konnten zeigen, dass Rotwildkälber, die aus Populationen mit viel Inzucht stammen – eine um 77 Prozent verringerte Überlebenswahrscheinlichkeit hätten.
Der BJV sieht dringenden Handlungsbedarf, um die fortschreitende genetische Verarmung zu verhindern. „Die Ausweisung von Rotwildgebieten steht im Widerspruch zur gesetzlichen Hegepflicht mit dem Ziel eines artenreichen und gesunden Wildbestands.“ Nicht zuletzt sei Deutschland als Vertragsstaat der Biodiversitäts-Konvention dazu verpflichtet, den Bestand lebensfähiger Populationen zu schützen.
Der BJV fordert für die größte heimische Säugetierart Bayerns eine ganzheitliche wildökologische Raumplanung. Eine flächendeckende Einteilung in Rotwildregionen könne die Grundlage für eine räumliche Zonierung sein, in der die vorherrschenden Ansprüchen der Forst-, Jagd- und Landwirtschaft als auch des Tourismus berücksichtigt werden und so das Rotwild sinnvoll gemanagt werden könne.
„Die konfliktfreie Einbindung des Rotwilds in unsere Kulturlandschaft ist eine große Herausforderung, die jedoch als gemeinschaftliche Aufgabe verschiedener Landnutzer gelingen kann“, betont der BJV. Vor allem Bayerns Jäger werden dabei eine verantwortungsvolle Rolle spielen, da Jagd Hege ein wichtiges Instrument des Wildtiermanagements sei.
„Toleranz für Rotwild“
Der fünfminütige Beitrag ist online auf Youtube unter „Bayerischer Jagdverband“ zu finden.