Ehre, wem Ehre gebührt

Wolfratshausen – 1312 wurde die Wolfratshauser Schützengilde erstmals urkundlich erwähnt. Die Feier zum 700-jährigen Jubiläum der Königlichen Privilegierten Feuerschützengesellschaft (KpFSG) nun mit einjähriger Verspätung in der Loisachhalle nachgeholt.
Ehrengäste wie Prinz Ludwig von Bayern, Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber und Bürgermeister Helmut Forster ließen es sich nicht nehmen, den Vertretern des ältesten Vereins Wolfratshausens persönlich zu gratulieren. „Vielen ist die historische Vergangenheit und die daraus resultierende Tradition unseres Vereins überhaupt nicht bewusst. Unser Jubiläumsabend soll dazu beitragen, das Interesse am Erhalt dieser Tradition zu wecken“, erklärte erster Schützenmeister Helmut Michel in seinem Grußwort. Die Mehrzahl der 250 geladenen Gäste in der Loisachhalle waren indes ohnehin Schützen, die nicht mehr vom Erhalt des jahrhundertealten Brauchtums überzeugt werden mussten. Eine Ausstellung historischer und moderner Waffen von Gerhard Kolodziej im Foyer sowie eine historische Prägemaschine, die Festtagsmünzen aus Zinn herstellte, konnten bereits vor Beginn des offiziellen Teils besichtigt werden. Nachdem die Gartenberger Sänger unter der Leitung von Rainer Marquart Loblieder auf die Schützen und den Gerstensaft zum Besten gegeben haben, überreichte Bürgermeister Helmut Forster der KpFSG einen Scheck der Stadt Wolfratshausen. Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber, der 1979 dafür gesorgt hatte, dass die Feuerschützengesellschaft das zwischenzeitlich aberkannte königliche Privileg zurückerhielt, hob anschließend die Ausnahmestellung des Vereins hervor. „Wir können dankbar sein, dass es in den vergangenen Jahrhunderten Menschen gab, die Wolfratshausen mit Waffen verteidigt haben“, so Stoiber. In welch bedrohlichen Situationen die Loisachstadt sich in ihrer über 1000-jährigen Geschichte befand, erzählten anschließend der Wolfratshauser Kulturpreisträger Christian Steeb und die Loisachtaler Bauernbühne. Denn der damalige Markt verfügte im Gegensatz zu anderen Orten über keine Stadtmauer. So marschierten 1632 die Schweden ein und zerstörten bis auf die Pfarrkirche und die Burg das ganze Marktzentrum. Der damalige Bürgermeister deponierte wertvolle Dokumente in einem mit Pech beschwerten Fass, dass er im Kochelsee versenkte und nach dem Abzug der Schweden nahezu unversehrt wieder hervorholte. Ein anderer Ratshauschef spendierte Soldaten großzügig Freibier, um den Markt zu verschonen. Die Schützengilde, die schon 1494 eine halb verfallene Schießstätte wieder aufgebaut hatte, sollte dennoch über mehrere Jahrhunderte hinweg eine Schutzfunktion gegen Eindringlinge ausüben. Weil sie auch bei der Bekämpfung des Marktbrands von 1619 mitwirkte und den jeweiligen Landesherren stets loyal ergeben war, wurde ihr 1886 von Bayerns Prinzregent Luitpold der Titel „Königlich privilegierte Feuerschützengesellschaft“ verliehen. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten und der damit einhergehenden Gleichschaltung aller Vereine, kam es 1933 auch in der Feuerschützengesellschaft zu einem Bruch zwischen traditionsbewussten Schützen und Hitlers Gefolgsleuten. Erst 1963 gab es von den noch lebenden Altmitgliedern des Feuerschützenvereins Bestrebungen, den während des Dritten Reichs ruhenden Verein wieder aufleben zu lassen. Wesentlichen Anteil an der Wiedererstarkung der Feuerschützen hatte Altbürgermeister und Ex-Schützenmeister Erich Brockard, dem am Jubiläumsabend nach eigener Einschätzung sein voraussichtlich „letzter öffentlicher Auftritt“ gewährt wurde. Der Sozialdemokrat übernahm zeitweise mehrere führende Posten bei den Feuerschützen und krempelte auch beim Bau des Schützenheims an der Geltinger Straße die Ärmel hoch. Abschließend bedankte sich Brockard noch mal ausdrücklich bei Edmund Stoiber: „Ohne seine Unterstützung hätten wir das königliche Privileg 1979 nicht zurückerhalten.“ Mitgliedehrungen rundeten den abwechslungsreichen Jubiläumsabend ab. ph