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Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen erwartet mehr Flüchtlinge – Debatte um Turnhallenbelegung

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Von: Daniel Wegscheider

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Landratsamt Bad Tölz Ankunft von Flüchtlingen im Jahr 2915
Der Landkreis erwartet in den kommenden Monaten wieder mehr ankommende Flüchtlinge aus Kriegsgebieten. © Archiv: Rundschauverlag

Landkreis – Landrat Josef Niedermaier hat in der Kreisausschusssitzung das Gremium über die Flüchtlingslage im Landkreis informiert. Dabei wurde auch heftig diskutiert.

In der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses ging es am Ende heiß her. Eigentlich waren die zu beschließenden Themen ohne größere Diskussion schon alle durch, als der obligatorisch letzte Tagesordnungspunkt „Anfragen und Mitteilungen“ eine emotionale Debatte über den Sportstättenbetrieb in Zeiten der Flüchtlingskrise entfachte.

CSU-Kreisrat Martin Bachhuber brachte es aufs Tapet: „Ein schwieriges Thema“, begann er, als er die Asylbewerber-Unterbringungen im Landkreis ansprach. Bekanntermaßen sind dafür auch einige Turnhallen für eine kurzzeitige Beherbergung von Geflüchteten bereitgestellt worden. So etwa die Mehrzweckhalle im Wolfratshauser Stadtteil Farchet, die seit Ende März dieses Jahres belegt ist.

Der Vorsitzende des BCF Wolfratshausen, Manfred Fleischer, trat an Bachhuber und den Landrat Josef Niedermaier (FW) mit der Frage heran, ab wann dort denn wieder ein regulärer Sportbetrieb für die einzelnen Sparten möglich wäre. Bachhuber hatte darauf keine Antwort und sagte knapp: Die Situation sei ähnlich wie zur Flüchtlingskrise im Jahr 2015 „und ist heute dem Krieg in der Ukraine geschuldet“. Niedermaier ergänzte: Derzeit könne keine Aussage über eine baldige Freigabe für die Vereine getroffen werden – wie es weitergeht, sei ungewiss.

Landrat Josef Niedermaier: „Es ist eine riesige Flüchtlingswelle unterwegs“

Im Gegenteil: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass alle Turnhallen in allen Gemeinden bald wieder belegt sein werden“, betonte Niedermaier. „Wir sind rappelvoll“. Daher werde er auch keine Zusage machen, „dass wir irgendwas wieder zurücknehmen“. Ganz gleich, ob es sich um die Bereitstellung von Turnhallen handle oder um laufende Verträge für sogenannte Container-Dörfer.

„Es ist eine riesige Flüchtlingswelle unterwegs“, berichtete Niedermaier weiter. Die teilweise auch schon die Ankunftszentren erreicht haben. Dabei handle es sich nicht nur um Geflüchtete aus der Ukraine, sondern auch aus Syrien und Afghanistan. Deshalb werde allein die Bereitstellung von Wohnungen aus der Bevölkerung nicht mehr ausreichen. Daher plane der Kreis, neben den beiden Unterkünften in Geretsried und Bad Tölz weitere zu errichten.


Debatte im Kreisausschuss über Belegung von Turnhallen für weitere Flüchtlingsunterkünfte

Bis die von Landrat Josef Niedermaier im Kreisausschuss angesprochenen zusätzlichen Asylbewerber-Unterkünfte im Landkreis gebaut werden können, „müssen wir die Turnhallen wieder belegen“. Bekanntermaßen hat der Bau der Gemeinschaftsunterkunft für Asylwebberber an der Jahnstraße in Geretsried, die seit 2016 die Regierung von Oberbayern betreibt, zweieinhalb Jahre gedauert.

Für die Errichtung weiterer Gemeinschaftsunterkünfte hat die Regierung laut Niedermaier bereits ihre finanzielle Unterstützung zugesagt. Und der Landrat ist bereits auf der Suche nach möglichen bebaubaren Grundstücken im Landkreis.

Vereine im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen „brauchen einen Horizont“

Bürgermeister und Kreisrat (Freie Wähler) Klaus Heilinglechner schilderte nach Niedermaiers Ansprache zur aktuellen Flüchtlingssituation noch einmal die Sichtweise des BCF Wolfratshausen, wie sich dieser ihm gegenüber geäußert hatte. „Sie haben Punktspiele und müssen deshalb auch ihre Spielbetriebe an- oder abmelden“, erklärte er. „Sie brauchen einen Horizont, ab wann sie wieder in die Turnhallen können.“

Den Vereinen würde es auch helfen, ob es Ausweichmöglichkeiten in andere Turnhallen gebe, da die Kapazität in Wolfratshausen fehle. Heilinglechner weiter „Sie sträuben sich nicht dagegen, dass die Mehrzweckhalle belegt ist; es geht darum, dass sie ihren Sparten sagen können, ab wenn ein Betrieb in der Zukunft wieder möglich ist.“

Josef Niedermaier befürchtet harte Zeiten, die „auch gesellschaftlich zäh“ werden

„Auch wenn es ein Dolchstoß durch das Herz des Sportlers ist“, betonte Niedermaier daraufhin erneut: Eine Aussage darüber zu treffen, „ab wann eine Belegung wieder möglich ist“, sei momentan ferner denn je. „Täglich erreichen uns neue Hiobsbotschaften. Das wird in den nächsten Wochen auch gesellschaftlich zäh.“

Für Grünen-Kreisrätin Barbara Schwendner führte das Gespräch in die falsche Richtung: „Es ist auch unsere Aufgabe, die politische Diskussion in unsrem Landkreis so zu führen, dass die Leute nicht das Gefühl haben, bei ihnen bricht die Katastrophe aus“, betonte sie gegenüber dem Gremium. „Die Katastrophe haben die armen Leute, die in den Turnhalle untergebracht sind.“

Grünen-Kreisrätin Barbara Schwendner: „Das Jammern auf hohem Niveau nicht unterstützen“

Schwendner möchte mit ihnen nicht tauschen müssen und warnt vor einem möglichen Schreckensszenario: „Uns geht es insgesamt relativ gut. Wir sollten nicht das Jammern auf dem hohen Niveau unterstützen, dass hier die Katastrophe ausbricht, weil jetzt mehr Geflüchtete zu uns kommen.“ Für die Grünen-Kreisrätin steht fest: „Wenn jetzt ein paar Punktspiele verschoben werden müssen, dann ist das, was die Leute mitmachen mussten, nicht vergleichbar.“

Heilinglechner lenkte ein, darum gehe es hier nicht: „Das große Leid ist jedem bewusst.“ Er habe lediglich die Situation des Vereins vor dem Kreisausschuss schildern wollen. „Da jetzt einen Vergleich zu ziehen, da stellt es mir die Nackenhaare auf“, betonte er.

Vize-Landrat Thomas Holz ruft Bundesregierung um Unterstützung in der Krise an

Die Lage ist angespannt. Das bemerkt auch CSU-Kreisrat Thomas Holz. Nach den Flüchtlingswellen in den Jahren 2014/15, Corona und jetzt mit dem Krieg in der Ukraine, „können viele nicht mehr“, sagte Holz. Einen Ausgleich wie miteinander Sport zu treiben, habe auch unter der Pandemie gelitten. „Wir dürfen unsere Bürger und ehrenamtlichen Helfer nicht weiter bis zum Sankt-Nimmerleinstag überfordern“, sagte er und appellierte dabei an die Bundesregierung um Unterstützung: „Wenn das so weiter geht, kommen wir an unsere Grenze.“

Eine Grenze, die laut Niedermaier schon längst überschritten ist. „Bei uns im Amt ist die Katastrophe schon da“, schilderte er: „Es kann passieren, dass wieder ein Katastrophenszenario am Landratsamt ausgerufen werde, wenn sich die Zahlen der Flüchtlinge weiter nach oben entwickeln. „Wir müssen ganz schnell wieder Personal aufbauen.“

Laut Landratsamt leben derzeit im Landkreis 698 Asylbewerber, 162 afghanische Ortskräfte und 1.289 Ukrainer. Hauptherkunft sind neben der Ukraine Afghanistan, Syrien, Nigeria, Irak und Sierra Leone. Neben der Gemeinschaftsunterkunft in Geretsried gibt es zwei in Bad Tölz und zwei in Wolfratshausen.

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