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Kreishaushalt 2023: „Die Gesellschaft ächzt“ der Landkreis auch

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Von: Daniel Wegscheider

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Realschule Geretsried
Für die Sanierung des Schulzentrums Geretsried sind hohe Investitionen im Landkreises nötig. © Viktoria Gray

Landkreis – Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen wird künftig den Gürtel enger schnallen müssen, so das Fazit der Haushaltseinbringung für kommendes Jahr.

Die Corona- und Energiekrise wirken sich bereits gravierend auf den Etat aus. Und das werden auch die Städte und Kommunen in den kommenden Monaten deutlich zu spüren bekommen. Trotz des Defizits muss der Landkreis aber auch investieren, um für die Zukunft gewappnet zu sein.

Vor acht Monaten wurde der Haushalt 2022 verabschiedet, „seitdem haben sich die Rahmenbedingungen deutlich verschlechtert“, betonte Kreiskämmerer Ralf Zimmermann jüngst in der Kreistagssitzung. Eigentlich begann es schon drei Tage nach dem Beschluss des Kreistages am 21. Februar – und zwar mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. „Das hat die Energiekrise noch verschärft.“

Landrat Josef Niedermaier
Landrat Josef Niedermaier © Archiv

Die Weltwirtschaftslage wird auch die Budgetplanung für den Haushalt 2023 maßgeblich verändern. Dies treibt auch Landrat Josef Niedermaier, „wie selten zuvor“, bei seiner üblichen Einbringung des Kreisetats für kommendes Jahr um. Corona sei noch nicht überstanden, „der Klimawandel hat voll begonnen“ und insbesondere der Ukraine-Krieg „wirken sich auf uns aus und die Gesellschaft ächzt an vielen Stellen“.

Laut Niedermaier ein Konglomerat an Herausforderungen, dass den finanziellen Handlungsspielraum mehr und mehr einschränke. Doch auch in knappen Zeiten sei der Haushalt eine Pflichterledigung.

Neben Pflichtaufgaben steht die Kür: Doch dafür hat der Kreis kaum Geld übrig

Und diese sind nicht weniger geworden. Knapp 182 Millionen Euro umfasst der Etat insgesamt – 4 Millionen mehr als 2022. „Dabei entfällt der größte Batzen auf Pflichtleistungen“, erklärte der Landrat. Rund 77,5 Prozent davon. Neben der Pflicht stehe die Kür, und auch die dürfe nicht außer Acht gelassen werden. Niedermaier bezeichnete damit Projekte, in die gezielt investiert werden müsse, um für die Zukunft vorzusorgen.

Ganz oben auf der Agenda: Bildung der Kinder. „Für den Unterricht sind andere zuständig, wir im Landkreis können aber für gute Rahmenbedingungen sorgen.“ Dafür hat der Kreis in den vergangenen acht Jahren rund 135 Millionen Euro für Baumaßnahmen gestemmt. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit sehe der Finanzplan 20 Millionen Euro für die energetische Sanierung der Kreisschulen in Geretsried, Wolfratshausen und Bad Tölz vor.

Für Landrat Josef Niedermaier „führt nichts, aber auch gar nichts an der Mobilitätswende vorbei“

Auch der ÖPNV-Ausbau sei eine Kür, die nicht zu wegzudiskutieren ist. „Die Mobilitätswende ist eine unabdingbare Investition in die Zukunft“, betone Niedermaier. In erster Linie komme sie den Städten und Gemeinden des Landkreises zugute. Außerdem eine soziale Leistung für diejenigen, „die sich das Auto nicht mehr leisten können. Und das werden mehr werden“. Fazit: Egal, ob Schulsanierung oder Verbundraumerweiterung - „was formal als Kür erscheint“, ist für Niedermaier ebenso „Pflicht“.

Bei der Einbringung des Haushaltes in der Sitzung des Kreistages, sprach Landrat Josef Niedermaier über Pflicht- und Kür-Aufgaben, die beiderseits wichtig für die zukünftige Entwicklung sind. Jedoch: „Bei uns im Landkreis muss die Kür gegenüber anderen Oberbayerischen Landkreisen vielleicht noch etwas geringer ausfallen“, sagte der Landrat, „da wir leider nicht mit dieser Steuerkraft gesegnet sind“. Trotz der Umlagekraftsteigerung von 3,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 171 Millionen Euro, rangiere der Landkreis gemessen an der Umlagekraft je Einwohner auf den letzten drei Plätzen in Oberbayern.

Freiwillige Leistungen auf den Prüfstand stellen

„Daher müssen wir uns noch mehr als die anderen stecken.“ Daher gelte es, alle freiwilligen Leistungen zu hinterfragen und auf den Prüfstand zu stellen. Niedermaier nannte hierbei etwa das verpflichtende Kinder- und Jugendstärkungsgesetz. Allein dafür werden im Landratsamt 25 mehr Stellen nötig, die allesamt eine spezielle Ausbildung benötigen. Dafür Personal zu finden, sei nicht einfach.

Apropos Personal: Dafür stellt der Landkreis im Etat 23,6 Millionen Euro ein (2022: 22,2 Millionen Euro), die neu angemeldeten sind darin noch nicht eingerechnet. Die jetzigen Personalkostensteigerungen beruhen auf Hochrechnungen und der zu erwartenden Tarif- und Besoldungsanpassungen des aktuellen Stellenplans. Gebrauch werden sie allemal, meint Niedermaier. Änderungen von Reformen wie des Wohngeldes oder die Einfügung des Bürgergeldes bedeuten mehr Verwaltungsarbeit für den Landkreis. Doch auch hier: Selbst wenn es der Stellenplan vorsieht, „kann es schwierig werden, diese zu besetzen“.

Mit Sorge blickt der Landrat auch auf die Inflation: „Die Energiekosten haben sich auch bei uns fast verdreifacht“, betonte er gegenüber dem Kreisgremium. 2,2 Millionen Euro mehr sind im Haushalt im nächsten Jahr dafür vorgesehen. Auch die explodierenden Baukosten bewirken eine Kostensteigerung im beschlossenen Investitionsprogramm der nächsten Jahre und machen über 3,5 Millionen mehr aus. „Das alles müssen wir stemmen, auch deshalb weil dies eine wichtige Investition in unsere Zukunft sein wird.“

Schuldenstand steigt auf 32 Millionen Euro

Zugute kommt dem Landkreis, dass in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet wurde. „Nach vielen Jahren des Schuldenabbaus sei es aufgrund der hohen Investitionsvolumen und Kostensteigerung notwendig, „erstmals wieder in die Neuverschuldung zu gehen“. Knapp 5 Millionen Euro sind im nächsten Jahr dafür eingeplant. Damit klettert das Defizit von 27,1 Millionen Euro bis zum Jahresende 2023 auf 32 Millionen Euro.

Eine Belastung, die nach Angaben von Niedermaier, „von allen mehr abverlangt“. Denn jeder Gemeindebürger sei auch Landkreisbürger. Und so leitete er das unliebsame Thema Kreisumlage ein, was die Kommunen und Städte finanziell belastet, und machte keinen Hehl daraus. „Wir werden dieses Mal über die 50-Prozent-Marke springen müssen.“ Aktuell rechnet die Verwaltung sogar mit einem Hebesatz von 50,75 Prozent für 2023. „Es kann durchaus noch mehr werden, wenn weitere neue Projekte auf den Weg gebracht werden“, sagte Niedermaier.

Kreis-Hebesatz: „solidarisch verteilen“

Am Ende gab der Landrat Hoffnung mit auf den Weg: „Ich glaube, dass es mit diesem Haushaltsentwurf gelungen ist, die Lasten auf Landkreis und Gemeinden gerecht zu verteilen.“ Auch wenn Letztere ebenso mit Mehrkosten im Energie- und Baubereich zu kämpfen hätten. Doch die Mehrkosten, die in der Fläche des Landkreises und in der Infrastruktur der Gemeinden ankomme und sie verbessere, „muss auch solidarisch über die Kreisumlage finanziert werden“.

Niedermaier wünscht sich in den kommenden Wochen konstruktive Beratungen von den verschiedenen Fraktionen in den einzelnen Fachausschüssen zum Etat. „Um unseren Landkreis für die laufenden Krisen zu wappnen, soweit wir es eben in der Hand haben“, sagte der Landrat. Der Kreistag wird sich voraussichtlich Ende Februar dann wieder mit dem Haushalt beschäftigen, um diesen dann abzusegnen.

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