Als Praktikant half Holovan etwa beim Verifizieren von aktuellen Informationen oder bei der Einschätzung von politischen Akteuren. Er erstellte Vermerke zum medialen System der Ukraine, zu den Kirchen und zu wichtigen Politikern abseits der medial sichtbaren Köpfe. Oft drehten sich morgens die ersten Gespräche im Berliner Büro um die aktuellen Entwicklungen im russischen Krieg gegen die Ukraine und seien teils bedrückend gewesen, „wenn Russland in der Nacht wieder einen breiten Angriff auf Zivilisten durchgeführt hatte“, berichtet Radwan weiter.
Auch für den 17-Jährigen war die Zeit spannend und lehrreich: „Ich konnte Plenar- und Ausschusssitzungen besuchen, an interessanten Gesprächen teilnehmen und zu vielen außen- und innenpolitischen Themen recherchieren“, berichtet Holovan. Vor allem die Herausforderungen in der Außenpolitik, etwa in der arabischen Welt oder gegenüber China seien sehr komplex und interessant, ergänzt er: „Und von den Holzkirchner Umgehungsstraßen hätte ich ohne das Praktikum vermutlich nie etwas erfahren.“
Holovan hat während seiner Zeit im Berliner Büro die Diskussionen in Deutschland über sein Land sehr genau verfolgt und die Unterstützung der Ukraine bei der Verteidigung gegen Russland. „Ich verstehe viele Einstellungen der Deutschen jetzt besser und kann Entscheidungen besser nachvollziehen.“
„Das ist natürlich auch für mich und uns eine Erdung“, ergänzt Alexander Radwan: „Viele unserer innenpolitischen Debatten wirken absurd und realitätsfern, wenn man mit jemandem spricht, dessen Familie akut davon betroffen ist. Wenn eine Waffe das Leben deiner Familie vor diesem Krieg beschützt, unterscheidest du nicht zwischen einer ‚offensiven‘ und einer ‚defensiven‘ Waffe, wie es Teile der deutschen Politik tun.“
Holovan möchte seine Erfahrungen jetzt nutzen. „Ich verstehe den Bundestag, die deutsche Politik und ihre Entscheidungsprozesse jetzt viel genauer und recherchiere und arbeite effizienter und schneller.“ Im Dezember geht es für ihn zum Studium nach Wien, danach möchte er sich selbstständig machen und im deutschsprachigen Raum ein Technologieunternehmen gründen.
Ganz ohne sozialen und politischen Appell kann der junge Ukrainer die Hauptstadt der Bundesrepublik nicht verlassen. Holovan: „Flüchtlinge aufzunehmen rettet viele Menschenleben, nur mit humanitärer und finanzieller Hilfe kommt die Ukraine durch den sehr kalten Winter und nur mit Waffen kann sich unsere Armee verteidigen.“