Kurz darauf nahm der soeben aus dem Schlaf aufgewachte Angeklagte einen faustgroßen Stein in die Hand und bewegte sich auf die Ordnungshüter zu. Seine Ehefrau und ein Freund konnten ihn jedoch vom Werfen abhalten. Der Mann flüchtete mit einem Bekannten in das nahe gelegene Waldstück, woraufhin die verbliebenen Polizisten drei Streifen aus Geretsried, Penzberg und Weilheim zur Verstärkung anforderten.
Prompt konnte der Flüchtige in der Nähe des Parkplatzes der Grund- und Mittelschule in Waldram gestellt werden. Weil sich der angetrunkene Mann massiv gegen die Festnahme wehrte, kamen Pfefferspray und ein Schlagstock zum Einsatz. Dabei erlitt der heute 45-Jährige einen Bruch des Unterarms und war deshalb mehrere Monate arbeitsunfähig.
„Ich wollte mit dem Stein nur das Feuer löschen“, behauptete der Angeklagte. Am Tattag feierte die Gruppe den Geburtstag seiner Frau. „Wir haben schon am Vorabend getrunken und dann morgens mit Wodka weitergemacht“, übersetzte die Dolmetscherin den gebürtigen Ukrainer. Eine spätere Blutentnahme auf der Polizeiwache ergab einen Alkoholwert von 1,27 Promille. Dass er die Polizisten beschimpft haben soll, bestritt der Mann.
Eine während der Verhandlung gezeigte Bodycam-Filmaufnahme widerlegte seine Aussage jedoch. Dabei bezeichnete er die Polizeibeamte als „deutsche SS“. Rechtsanwalt Walter Schmidt plädierte vergeblich auf einen Freispruch seines Mandanten. „Es wurde kein Stein geworfen, sodass der Einsatz der Polizisten in keinem Verhältnis zur Tat steht“, erklärte Schmidt.
Die Staatsanwältin und Richter Helmut Berger hielten jedoch die Aussagen von insgesamt sechs männlichen und weiblichen Polizisten für glaubwürdig. Sie rechtfertigten den Einsatz mit einem „hohem Bedrohungspotenzial“, während die Frau des Angeklagten und seine Freunde vergeblich um eine Entlastung gebeten hatten. Die von ihnen geäußerte Behauptung, dass der Mann mit dem Stein das Feuer löschen wollte, verärgerte Berger. „Sie lügen wie gedruckt und beleidigen unsere Intelligenz“, zeigte sich der Richter erbost.
Die Staatsanwältin beantragte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung. Berger folgte dieser Empfehlung nicht und ahndete die Vergehen mit einer Geldstrafe.