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Waldramer Erinnerungsort: Ausstellung über 100 Jahre deutsche Geschichte

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Badehaus-Leiterin Sybille Krafft
Eröffnete die Ausstellung mit einer Online-Vernissage: Badehaus-Leiterin Sybille Krafft. © Peter Herrmann

Waldram – Vor drei Jahren präsentierten Ute Frevert, Historikerin und Direktorin am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, und ihre Tochter Bettina erstmals „Die Macht der Gefühle“. Nun ist sie im Erinnerungsortes Badehaus zu sehen.

„Wir hätten die Vernissage gerne mit vielen Besuchern gefeiert“, bedauerte Badehaus-Vereinsvorsitzende Sybille Krafft. Dies war aus gegebenem Anlass ebenso wenig möglich wie die Anreise der in Berlin lebenden Kuratorinnen. Deshalb ermöglichten die Badehaus-Mitglieder Andre Mitschke, Jonathan und Joseph Coenen bereits im Dezember 2021 eine Online-Veranstaltung, die nach wie vor online abrufbar ist.

Dabei erklärte Ute Frevert zunächst, dass die komprimierte Darstellung von 100 Jahre deutscher Geschichte anhand von Fotos und prägnanten Bildunterschriften auf gerade einmal 20 Tafeln eine große Herausforderung war. Zudem erläuterte sie, warum die bebilderten Gefühle auch gut zum Badehaus passen. Die 67-Jährige zeigte sich schon bei einem früheren Besuch in Waldram beeindruckt von der Vielfalt der Exponate. „Ich bin begeistert, dass das Badehaus innerhalb eines relativ kurzen geschichtlichen Zeitraums so viele Gefühle widerspiegelt“, erklärte sie. So werde etwa der „Hass“ der Nationalsozialisten anhand von Dokumenten aus den ehemaligen Munitionsfabriken, die auf die Herstellung von Vernichtungswaffen hinweisen, deutlich. Für die Gefühle der „Geborgenheit“ und „Liebe“ steht das DP-Lager Föhrenwald, in dem Holocaust-Überlebende eine vorübergehende Heimat fanden und zum Teil auch Familien gründeten.

Bewertung von Gefühlen im Wandel der Zeit

Dagegen zeigen Ute und Bettina Frevert auf den von ihnen zusammengestellten Collagen auch seltene Aufnahmen aus der Geschichte der DDR und BRD. Fotos von einem Open-Air-Rockkonzert stehen im Kontrast zu sozialistisch geprägten Kinderbuchillustrationen oder einem in den 1960er-Jahren aufgenommenen Aufklärungsbild eines nackten Paares. Dazu einen kurzen Text zu verfassen, sei angesichts der Faktenfülle „durchaus schwierig“ gewesen. Am Ende des Livestreams ruft Sybille Krafft zu einer interaktiven Mitwirkung der Online-Teilnehmer auf. Dabei wurde deutlich, dass sich die Bewertung einiger Gefühle im Laufe der Zeit geändert hat. So galt Neugier noch im 19. Jahrhundert als negative weibliche Charaktereigenschaft, wurde bei Männern aber als Wissbegierig gelobt.

Am Ende der Vernissage bat Jonathan Coenen um Spenden und finanzielle Unterstützung für den Erhalt des Erinnerungsortes. „Auch uns hat Corona schwer getroffen und wir sind für Einnahmen sehr dankbar“, erklärte der Badehaus-Vize-Vorsitzende. ph

Öffnungszeiten

Die Ausstellung „Die Macht der Gefühle“ ist jeden Freitag von 9 bis 17 Uhr sowie am Samstag und Sonntag von 13 bis 17 Uhr im Badehaus zu sehen.

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