Vergangene Woche hat die Chefin des rechtsextremen Rassemblement National ihr außenpolitisches Programm vorgestellt. Deutschland kam darin prominent vor – als Adressat giftiger Grüße und Antithese all dessen, was sie für ihr eigenes Land anstrebt. Sie warf der deutschen Politik vor, für „die absolute Verneinung der französischen strategischen Identität“ zu stehen. Es gebe „unvereinbare Differenzen“, auf die sie konsequent reagieren werde. Le Pen kündigte an, im Falle eines Wahlsieges die bestehenden Rüstungskooperationen mit Berlin zu beenden. Betroffen wären die gemeinsame Entwicklung eines Kampfpanzers sowie eines Kampfjets. Beide Projekte sollten durch rein französische Programme ersetzt werden.
Neu sind solche Tiraden nicht. Schon in der Vergangenheit hat Le Pen eine angebliche „Blindheit gegenüber Berlin“ bemängelt, die zur Folge habe, dass im Élysée-Palast nationale Interessen nicht ausreichend gewürdigt würden. Ausdrücklich weist Le Pen zudem darauf hin, dass unter ihrer Führung Frankreich eine deutsche Bewerbung um einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat nicht länger unterstützen werde.
Das alles lässt nur den Schluss zu, dass sich bei einem Wahlsieg Le Pens Frankreichs Verhältnis zum Nachbarn fundamental verändern würde. Ein Verhältnis, das Macron am Mittwoch in glühenden Worten anpries und das seit Jahrzehnten eine stabile Achse innerhalb der EU ist. Die aber will Le Pen im Verbund mit anderen nationalistischen Politikern von Grund auf erneuern und sich Staaten wie Polen und Ungarn zuwenden. Wenn sie nicht gerade darauf hinarbeitet, ihrem Land international eine Sonderstellung einzuräumen, weitgehend frei von Verpflichtungen gegenüber Bündnispartnern.
Eine Wahl Le Pens wäre „für Europa katastrophal“, sagt die Münchner Europaabgeordnete Henrike Hahn (Grüne). „Der deutsch-französische Motor, der zurzeit besonders gebraucht wird, würde erst mal ins Stottern geraten.“ Dennoch hält sie den Kontinent für „stärker, als die Legislaturperiode einer extremen rechten Regierung es sein kann“. Die aktuellsten Zahlen sprechen ohnehin für Macron: 59 Prozent der Befragten fanden ihn im TV-Duell überzeugender, nur 39 seine Herausforderin.