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Laut Putin läuft „alles nach Plan“ – Experten sehen dennoch eine Verzweiflungstat

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Von: Franziska Schwarz

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Ukraine-Krieg: Wladimir Putin am 13. Januar 2023 in Moskau
Aufnahme vom 13. Januar: Wladimir Putin © Sergei Bobylev/Imago

Kremlchef Putin bekräftigt im russischen TV, die aktuelle Lage im Ukraine-Krieg sei für Russland „erfreulich“. Laut westlichen Beobachtern spricht einiges dagegen.

Moskau – Im russischen Staatsfernsehen gibt sich Wladimir Putin weiter siegesgewiss. „Die Entwicklung ist erfreulich“, sagte er dem Sender Rossija-1, wie die russische Nachrichtenagentur Tass meldete: „Alles läuft nach dem Plan unseres Verteidigungsministeriums und des Militärs“, versicherte der Kremlchef am Sonntag (15. Januar) mit Blick auf den Ukraine-Krieg.

Westliche Beobachter haben daran ihre Zweifel. Anlass ist unter anderem Moskaus jüngste Personalentscheidung: Generalstabschefs Waleri Gerassimow ist nun oberster Kommandeur der russischen Streitkräfte in der Ukraine – sein Vorgänger Sergej Surowikin hatte den Posten nur drei Monate lang innen. Beobachter gehen davon aus, dass Gerassimow maßgeblich an der geheimen Planung des russischen Überfalls auf die Ukraine beteiligt war.

Putin ändert Kommandostruktur im Militär: Akt der Verzweiflung?

Aber einen Generalstabschef mit der Führung einer Offensive betrauen? „Nirgendwo auf der Welt kommandiert der Generalstabschef Armeen“, zitierte die Nachrichtenagentur AFP einen Moskauer Verteidigungsexperten, der anonym bleiben wollte. „Das ist eine andere Funktion: Er koordiniert, bereitet vor, plant.“

Der Schritt sei „beispiellos“ und werde als verzweifelter Versuch gewertet, nach einer Reihe von Niederlangen im Ukraine-Krieg das Ruder herumzureißen. Auch der britische Geheimdienst sprach in seinem regelmäßigen Briefing für die Öffentlichkeit von einem „klaren Bekenntnis“ Moskaus, seine Ziele bislang zu verfehlen.

Selbst Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu soll nur einen Tag vor Gerassimows Ernennung bei einem Treffen mit Top-Generälen zugegeben haben, dass das Militär „in mehreren Bereichen enttäusche“, hob das US-Nachrichtenmagazin Newsweek bei der Angelegenheit hervor.

Putin hat laut US-Militärexperten „unrealistische Erwartungen“

Auch die Politologin Tatjana Stanowaja von der Carnegie-Stiftung in Moskau kommentierte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa die Personalie. Putin zeige mit ihr einmal mehr, dass er vom Miliär nichts verstehe. Der Präsident sei hin- und hergerissen zwischen der Wagner-Söldnergruppe von Jewgeni Prigoschin und Gerassimow. Gerassimow muss ihn wohl bei einer Aussprache überzeugt haben, dass das Militär den Krieg gewinnen könne, schätzte sie.

Die ukrainische Militärführung meinte zu der Sache, dass sich die verschiedenen Truppen - das Militär, Wagner und die Einheiten von Tschetschenenführer Ramsan Kadyrow - in einem Machtkampf verlören.

Das US-amerikanische Institute for the Study of War rechnete indes nicht damit, dass Gerassimow Putins „unrealistische Erwartungen“ erfüllen kann. Der Kremlchef bestätige durch die Ernennung vielmehr die führende Rolle des russischen Militärs. Dessen mächtige Führung hätte leicht zur Gefahr für Putin selbst werden können. Nach der Stärkung Gerassimows werde sie aber kaum Widerstand gegen ihn leisten, analysierte die Denkfabrik. (frs mit Material von dpa und AFP)

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