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Trump entlässt Justizministerin, weil sie Einreiseverbot kritisierte

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Washington - Die amtierende Justizministerin wegen „Verrats“ entlassen. In vielen Städten laute Proteste. Der erste US-Bundesstaat kündigt eine Klage an. In den USA geht der Streit um das Einreisedekret von Präsident Donald Trump unvermindert weiter.

Auch vier Tage nach ihrem Erlass durch Präsident Trump nimmt die Kritik an den Einreiseverboten der USA weiter zu. Am Montagabend (Ortszeit) entließ Trump die amtierende Justizministerin Sally Yates, die sich kritisch über die Regelung geäußert hatte, der zufolge Bürger aus sieben überwiegend muslimischen Ländern derzeit nicht in die USA einreisen dürfen. Trump schrieb auf Facebook, Yates habe „das Justizministerium verraten“, als sie sich geweigert habe, eine Anordnung durchzusetzen, die dem Schutz der Bevölkerung diene.

Widerstand gegen das Einreisedekret formiert sich auch auf der Ebene der US-Bundesstaaten und im Kongress: Der im Nordwesten gelegene Bundesstaat Washington kündigte eine Klage gegen den Erlass an. Der Justizminister des Staates, Bob Ferguson, erklärte, ein Erfolg vor dem Bundesgericht in Seattle würde Trumps Erlass in den ganzen USA ungültig machen. Das Dekret verstoße aus mehreren Gründen gegen die US-Verfassung. Die Klage werde von mehreren Großkonzernen unterstützt. Dagegen kam der Erlass bei Anhängern des Präsidenten und ihm zugeneigten Medien sehr gut an: Trump löse ein, was er im Wahlkampf versprochen habe, hieß es.

Führende Politiker demonstrieren gegen Einreisestopp

Trump hatte am Freitag einen 90-tägigen Einreisestopp für Menschen aus den mehrheitlich muslimischen Ländern Syrien, Iran, Irak, Sudan, Somalia, Libyen und Jemen verfügt. Flüchtlinge aus aller Welt sind für 120 Tage ausgesperrt, jene aus Syrien auf unbestimmte Zeit. Für Sportler soll es aber Ausnahmegenehmigungen geben, wenn sie an internationalen Wettkämpfen in den Vereinigten Staaten teilnehmen wollen, teilte das Nationale Olympische Komitee der USA (USOC) mit.

Führende Politiker der demokratischen Opposition im US-Kongress demonstrierten vor dem Gebäude des Obersten Gerichts gegen Trumps Politik. „Dieses Dekret richtet sich gegen alles, woran wir in Amerika glauben“, sagte der Fraktionschef der Demokraten im Senat, Chuck Schumer. Die USA seien in der Vergangenheit ein „Leuchtfeuer“ für Unterdrückte in aller Welt gewesen. Das Einreiseverbot sei unmenschlich. „Wir werden es mit allem, was wir haben, bekämpfen.“

Auch in anderen US-Städten protestierten Tausende Menschen gegen das Dekret. Der Sprecher von Ex-Präsident Barack Obama, Kevin Lewis, erklärte, es gehe Obama ans Herz, wie viele Menschen sich auf der Straße und in sozialen Netzwerken derzeit für politische Werte, Demokratie und den Schutz der Verfassung engagierten.

Sally Jates nicht von Rechtmäßigkeit des Dekrets überzeugt

Die noch unter Obama als kommissarische Generalstaatsanwältin ins Amt gekommene Sally Yates hatte die Anwälte ihres Ministeriums angewiesen, das Einreisedekret nicht juristisch zu verteidigen, weil sie nicht von dessen Rechtmäßigkeit überzeugt sei. Ihre Position übernimmt übergangsweise Dana Boente, bislang Generalstaatsanwalt in Virginia. Die Übergangslösung ist nötig, weil der von Trump als Justizminister nominierte Jeff Sessions, ein konservativer Senator aus Alabama, bisher noch nicht vom US-Senat bestätigt worden ist.

Der Erlass hatte innerhalb der USA ebenso wie international massive Kritik aus Politik, Sport, Kultur und Wirtschaft hervorgerufen. In einem am Dienstag veröffentlichten Interview schloss sich ihr der türkische Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmus mit scharfen Worten an. Hinter der Entscheidung stecke größtenteils „wachsende Islamophobie, Abneigung gegenüber Migranten und Fremdenhass im Westen“, sagte Kurtulmus der regierungsnahen Zeitung „Habertürk“. Das Dekret sei inakzeptabel und müsse „noch einmal überdacht“ werden.

Weißes Haus: Einreise ist Privileg und kein Recht

Das Weiße Haus erklärte, die Einreise in die USA sei grundsätzlich ein Privileg und kein Recht. Mit seinem Erlass wolle Trump Anschlägen zuvorkommen und nicht nur reagieren, sagte sein Sprecher Sean Spicer. Er ging dabei auch auf den Fall eines fünfjährigen Jungen iranischer Abstammung ein, der am Flughafen Dulles nahe Washington vier Stunden lang festgehalten worden war.

Spicer sagte dazu, es wäre „irreführend und falsch“ anzunehmen, dass allein aufgrund des Alters oder des Geschlechts einer Person keine Gefahr von ihr ausgehen könne. Bilder des Senders CNN zeigen, wie der Junge nach seiner Einreise von seiner Mutter in den Arm genommen wurde. Nach einem Bericht der „Huffington Post“ handelte es sich bei dem Fünfjährigen um einen im Bundesstaat Maryland lebenden US-Bürger.

Kurzportrait: Die Ex-US-Justizministerin Sally Yates

Gerade einmal elf Tage lang war Sally Quillian Yates geschäftsführende US-Generalstaatsanwältin und Justizministerin. Die neue Regierung hatte sie gebeten, das Amt von Loretta Lynch zu übernehmen, bis deren designierter Nachfolger Jeff Sessions vom Senat bestätigt wird. Nun hat Präsident Donald Trump Yates entlassen, weil sie die Anwälte des Justizministeriums angewiesen hatte, dessen Einreiseverbot für Flüchtlinge und Menschen aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern nicht juristisch zu verteidigen. Damit habe sie „das Justizministerium verraten“.

Die 56-Jährige hatte dem Ministerium 27 Jahre lang gedient - vor allem als stellvertretende Bundesanwältin in ihrer Heimat, dem südöstlichen Bundesstaat Georgia. Dort war sie etwa leitende Anklägerin im Prozess gegen den Terroristen Eric Rudolph, der unter anderem wegen eines tödlichen Bombenanschlags im Olympic Park von Atlanta während der Olympischen Spiele 1996 zu mehreren lebenslangen Haftstrafen verurteilt wurde.

Trumps Amtsvorgänger Barack Obama nominierte Yates im Jahr 2010 als Chef-Bundesanwältin für Georgia. Fünf Jahre später bestätigte der Senat sie als Lynchs Stellvertreterin. Zwei Jahre lang war sie nach Angaben des Justizministeriums für dessen operatives Tagesgeschäft zuständig. Mit Lynchs Ausscheiden wurde Yates bei Trumps Amtsantritt am 20. Januar kommissarisch ihre Nachfolgerin.

Yates sei im Justizministerium dafür bekannt gewesen, ihre Meinung zu äußern und auch die Regierung zu kritisieren, zitierte die Zeitung „Washington Post“ die frühere Ministeriumssprecherin Emily Pierce. Yates schrieb demnach zudem vor zwei Jahren eine als „Yates-Memo“ bekannte Richtlinie, nach der es Bundesanwälte zur Priorität machen sollen, nicht nur gegen Unternehmen, sondern auch gegen einzelne Manager zu ermitteln.

Yates war auch dabei, als im Dezember Anklagen gegen sechs frühere und aktuelle Manager des deutschen Autobauers Volkswagen wegen des Abgasskandals bekanntgegeben wurden. Bei VW habe man Hinweise auf eine fast zehnjährige Verschwörung gefunden, sagte sie damals - nicht begangen von „irgendeinem gesichtslosen Konzern, sondern von Menschen aus Fleisch und Blut, die ihre Position nutzten, um Regulierer und Verbraucher zu betrügen“.

Yates stammt aus der Metropole Atlanta. Ihr Jurastudium an der nahegelegenen University of Georgia schloss sie magna cum laude ab. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder.

dpa

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