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Experte warnt vor Schwedens Corona-Strategie: „Dramatisch und sehr traurig“ - Seitenhieb gegen Söder

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Von: Christina Denk

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Bei „Anne Will" wurde am Sonntag intensiv über die Corona-Maßnahmen debattiert. Verstärken oder lockern? Dabei rückte auch die bayerische Corona-Politik in den Fokus. Einen Seitenhieb konnte sich ein Experte nicht verkneifen.

Update vom 29. September, 19.50 Uhr: Beim Corona-Gipfel von Bund und Ländern wurden Bußgelder für falsche Angaben auf Kontaktlisten beschlossen. Zudem wurden Obergrenzen für Feiern im privaten Rahmen oder öffentlichen Raum festgelegt - dabei verfahren die Bundesländer zweistufig.

Erstmeldung vom 28. September:

Berlin - Die Corona-Zahlen steigen bundes- und europaweit in den letzten Wochen stetig an. Schüler müssen unter Quarantäne, es gibt vermehrt Reisebeschränkungen* und einzelne Gebiete in Bayern haben auch die regionalen Maßnahmen* bereits wieder verstärkt. Am Dienstag werden Bund und Länder daher erneut über neue deutschlandweite Maßnahmen debattieren. Doch wie sinnvoll sind neue oder die bereits geltenden Maßnahmen?

„Anne Will“ (ARD): Diskussion über Corona-Regelungen - „Man kann auf diese Maßnahmen verzichten“

In der ARD-Talkshow mit „Anne Will“ ging es am Sonntag (27. September) heiß her. Die Einstiegsfrage, ob die Situation es nicht zulasse, weniger stark in die Freiheitsrechte der Menschen einzugreifen, schien für FDP-Politiker Wolfgang Kubicki ein gefundenes Fressen zu sein. „Man kann auf diese Maßnahmen verzichten“, erklärte er. Und in jedem Fall müsse man sich bei allen Maßnahmen fragen: „Sind sie notwendig, sind sie sinnvoll und sind sie verhältnismäßig.“ Maskenpflicht in NRW bei Windstärke vier oder ein Tanzverbot für das Hochzeitspaar, trotz erlaubtem Kuss?

Auch der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Andreas Gassen, der gegen eine allgemeine Alarm- und Panikstimmung angehen will, ist sich sicher, je transparenter die Regelungen beschlossen und erklärt werden, desto besser werden sie akzeptiert. „Wenn man tatsächlich sinnvolle Maßnahmen erlässt, dann werden die Menschen das befolgen. Es ist ja nicht so, dass wir eine Horde von uneinsichtigen Regelverletzern erlebt haben – ganz im Gegenteil“, so Gassen bei ARD.

„Anne Will“ (ARD): Warnung vor dem Winter und Seitenhieb gegen Markus Söder

Kann man deshalb nun nachlässig werden? Nein. Trotz Maskenpflicht, Versammlungseinschränkungen und Abstandsregelungen gäbe es immer ein Restrisiko sich anzustecken. „Man kann trotzdem nicht den Kopf ausschalten“, so Gassen. Besonders in Anbetracht des nahenden Winters, in dem sich die Menschen wieder vermehrt in Innenräumen aufhalten werden, sei Vorsicht geboten.

Doch Gassen appelliert weiterhin für verhältnismäßige Maßnahmen, warnt, es gäbe kein Allheilmittel und kann sich einen Seitenhieb nicht verkneifen. „Es gibt Politiker im Süden der Republik, die den Eindruck erwecken, je schärfer die Maßnahmen, desto sicherer der Umgang mit Corona. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache“, setzt er gegen den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder an. „Und ich muss gestehen, wenn ich an das Testtheater denke, wo man gesagt hat, wir testen aus medizinischer Sicht schon sehr unkritisch und kriegt es dann noch nicht einmal hin, die Tests nachzuverfolgen, dann kann man sicherlich nicht mehr von einer erfolgreichen Strategie sprechen.“

„Anne Will“ (ARD): Schweden in der Kritik - „Das ist dramatisch und sehr traurig“

Während in vielen Ländern in Europa über schärfere Maßnahmen diskutiert wird, fuhr Schweden zu Beginn der Pandemie einen anderen Kurs. Das Land verzichtete auf einen Lockdown und setzte auf Herdenimmunität. Doch darin sehen die Experten bei „Anne Will“ keinen Erfolg. Die Immunität sei höchstens regional eingetreten, eine Herdenimmunität sei nicht möglich.

„Wo die Schweden wirklich versagt haben, ist der Schutz der alten Menschen“ , so Virologin Melanie Brinkmann. Sie hätten sehr viele Menschen verloren, prangert Medizinethikerin Alena Buyx an. Bis September haben sich in Schweden 90.923 Menschen mit dem Virus infiziert, 5880 starben. Etwa 70 Prozent aller Covid-19-Todesfälle gab es in Pflegeeinrichtungen für Senioren. Der Weg der Schweden sei ein Vorgehen, das man sehr kritisch betrachten müsse, so die Mediziner. Die Schweden hätten die alten Menschen zwar nicht geopfert, doch sie hätten die Gefahr „schlicht nicht auf dem Schirm gehabt. Das ist dramatisch und sehr traurig“, so Gassen. „Ich würde das jetzt nicht als Erfolgsmodell bezeichnen.“ Andere Virologen jedoch sprechen von Anzeichen einer Immunität. (chd) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes.

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