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Verbrauchen wir zu viel Gas? Ab diesem Punkt wird es kritisch

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Von: Luisa Billmayer

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Ist der deutsche Gasverbrauch höher als Importe und Förderung, sinken die Speicherstände.
Ist der deutsche Gasverbrauch höher als Importe und Förderung, sinken die Speicherstände. © Bruckmann/Litzka/Imago (Montage)

Seit dem Ukraine-Krieg müssen alle Haushalte und die Industrie mehr denn je Gas sparen. Ob aktuell mehr verbraucht wird als verfügbar ist und zu welchem Anteil die Speicher gefüllt sind, zeigt unser Gas-Monitor.

Im Winter 2023 blickten Verbraucher und Industrie gebannt wie nie auf die Gas-Entwicklung: Wie voll sind die Gasspeicher, müssen wir mehr sparen? Wie kalt wird der Winter, der all das maßgeblich beeinträchtigt? Unser Gas-Monitor zeigt weiterhin immer aktuell, wie viel Gas wir in Deutschland aus verschiedenen Quellen bekommen. Und wie viel wir im Gegenzug wieder verbrauchen. Ebenso geben wir an, wie groß unsere Reserven in Form der deutschlandweit 60 Gasspeicher noch sind.

Lieferungen aus dem Ausland, vorrangig aus Norwegen, dominieren den deutschen Gasmarkt. Die jeweils verfügbare Gasmenge ergibt sich daher aus den Importen abzüglich der Exporte in andere Länder wie Tschechien oder Österreich. Hinzu kommt noch die Förderung im Inland. Die Förderfelder und Biogasanlagen hierzulande decken allerdings nur fünf Prozent des Jahresbedarfs. Ist der Verbrauch generell höher als Nettoimporte und Förderung, muss Gas aus den Speichern bezogen werden.

Damit das überhaupt möglich ist, wurden im Laufe des Jahres 2022 die Gasspeicher kontinuierlich gefüllt. Bis zum 1. November musste jeder einzelne Speicher zu mindestens 90 Prozent gefüllt sein. Das legte die Bundesregierung gesetzlich fest. Dieses Ziel war im Herbst mehr als erreicht. Die Speicher waren sogar zu 100 Prozent gefüllt. Deren Kapazität von 246 Terawattstunden reicht bei durchschnittlichem Verbrauch, um Industrie und Haushalte gut 100 Tage lang zu versorgen.

Gasspeicher leeren sich in den kalten Monaten schneller

Im Winter wird allerdings teilweise doppelt soviel Gas benötigt als im Jahresdurchschnitt. Folglich leeren sich die Gasspeicher in den kalten Monaten schneller. Unser Gas-Monitor zeigte in der Vergangenheit daher zusätzlich, ob der Gasspeicherstand stabil, angespannt oder kritisch ist. Diese Kategorien definierte die Bundesnetzagentur anhand gesetzlicher Vorgaben. Im April 2023 hat die Behörde diese Einordnung beendet. Deshalb entfällt die Kategorisierung seitdem auch in unserem Gas-Monitor.

Neben Einsparungen und der konsequenten Füllung der Gasspeicher setzt die Bundesregierung darüber hinaus inzwischen auf Flüssigerdgas. Weil Schiffe das sogenannte Liquified Natural Gas (LNG) transportieren, kann Flüssigerdgas aus weit entfernten Regionen wie Nordamerika oder der arabischen Halbinsel unabhängig von Pipelines importiert werden.

Mit schwimmenden LNG-Terminals in der Nord- und Ostsee will die Bundesregierung möglichst schnell eine erste Infrastruktur für Flüssigerdgas aufbauen. Schon in diesem Winter nahmen die ersten Schiffe den Betrieb auf. Sie nehmen das mit Tankern transportierte LNG entgegen, wandeln es in den gasförmigen Zustand zurück und speisen es schließlich in das Gasnetz an Land ein. Neben dem ersten Terminal in Wilhelmshaven sollen weitere folgen. Zudem ist geplant, die Schiffe in Brunsbüttel und Stade nach vier Jahren durch fest installierte Anlandeterminals zu ersetzen.

Sind LNG-Terminals nötige neue Infrastruktur oder ein Stopper der Klimaziele?

Strittig ist jedoch, ob wir auf lange Sicht mit dieser Infrastruktur sogar mehr Flüssigerdgas importieren als überhaupt benötigt. Deshalb gab es zuletzt Kritik an den LNG-Plänen an der deutschen Küste. Forschende des Instituts New Climate nehmen an, dass neben den bereits offiziell geplanten Terminals womöglich mindestens fünf weitere gebaut werden könnten. Wenn Deutschland sich an seine Klimaziele halten will, muss der Gasverbrauch in den nächsten Jahren allerdings weiter und sehr deutlich sinken. Bleiben die klassischen Importe aus dem Ausland so hoch wie aktuell, seien der Studie zufolge daher überhaupt keine neuen LNG-Terminals nötig. Wenn aber zukünftig weniger Gas über Land beschafft werden könnte, entstünde eine Lücke. Diese könnten den Forschenden zufolge bereits drei LNG-Terminals mit einer Laufzeit bis 2035 schließen.

Die Infrastruktur für Flüssigerdgas sichere allerdings nicht nur die Gasversorgung hierzulande, sondern auch Europas insgesamt, erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck. Deutschland könne sich nicht nur auf die LNG-Anlandestelle seiner Nachbarländer verlassen. Außerdem sollen die Terminals zukünftig auch für den Import von Wasserstoff nutzbar sein.

Transparenz: Unsere Daten, Quellen und Methoden

Regelmäßig aktualisierte Zahlen zu Import, Export, Förderung, Verbrauch und Speicherständen liefert die Bundesnetzagentur. Die Behörde bündelt und berechnet Daten auf Basis verschiedener Quellen, wie den Fernleitungsnetzbetreibern, Trading Hub Europe und AGSI+. Da die Bundesnetzagentur die Daten zu unterschiedlichen Zeitpunkten aktualisiert, orientieren wir uns am immer donnerstags veröffentlichten Durchschnittsverbrauchs der Woche. Die anderen, jeweils täglich aktualisierten Werte fassen wir zu einem Wochendurchschnitt zusammen. Den Speicherstand färben wir entsprechend Kategorien der Bundesnetzagentur in grün, gelb oder rot ein. Da sich Werte im Nachhinein ändern können, aktualisiert sich unser Diagramm werktäglich.

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